L a n d f r a g e
 

Mit der Gründung des Staates Israel und der Umsiedlung der Beduinen in das Reservationsgebiet im Norden des Negev wurde mittels des israelischen Landrechts von 1950 (Absentee Property Law), das auf der osmanischen Gesetzgebung von 1858 („nicht-bewirtschaftetes Land wird nach 3 Jahren zu besitzlosem Land“ -  Mawat) beruht, die Rechtsgrundlage geschaffen, um ehemals von Beduinen beanspruchtes Gebiet zu verstaatlichen oder dem jüdischen Nationalfond zukommen zu lassen.

 

"Absentee Property Law (1950): by which the State acquired control of all the property (incl. land) left behind by those persons who were expelled or fled their homes during the 1948 war. The absentee status does not change should the person come back or actually still be in the country. Then they are known as 'present absentees.'“

(Quelle: Global Internally Displaced People:
 
http://www.db.idpproject.org/Sites/idpSurvey.nsf/wViewCountries/B9BFDC01ECD624C3C1256B36003374D4

 

Dr. Ludwig Watzal, Buchautor, Redakteur der Zeitschrift "Aus Politik und Zeitgeschichte" und Lehrbeauftragter an der Rheinischen Friedrich-Wilhelm-Universität in Bonn, erläutert das Gesetz im Folgenden: „Dieses Gesetz aus dem Jahre 1950 stellt die legale Grundlage für die Beschlagnahmung allen palästinensischen Eigentums dar. Darunter fallen alle Personen, die nach dem November 1947 auch nur vorübergehend das Land verlassen haben. Ebenso trifft das Gesetz auf alle palästinensischen Bürger Israels zu, die zwar nie das Land verlassen haben, sich aber zum Beispiel während des Krieges auch nur eine geringe Distanz entfernt hatten und damit als „intern Abwesende“ im Sinne dieses Gesetzes gelten.“ (Dr. Ludwig Watzal: http://www.watzal.com/download/fog_kap7.pdf )

[weitere Informationen: “The Arab Association of Human Right”:http://www.arabhra.org/factsheets/factsheet2.htm ]

 

1965 wurde die offizielle ‚Nicht-Anerkennung’ spontan errichteter Häuser bzw. Siedlungen durch ein Gesetz legalisiert, welches besagte, dass ab sofort für jedes Gebäude eine Baugenehmigung benötigt werde. Deren Erteilung hängt von zahlrei­chen Beschränkungen ab und führte dazu, dass es in den Dörfern zu keinerlei weiterer Entwicklung kam. 1981 ergänzte man das Gesetz durch ein Planungs- und Baurecht, das es den Behörden gestattet, Dienstleistungen für ein Haus zu verweigern, welches ohne Genehmigung errichtet wurde. (Watzal 1994 : 301)

Die Beduinen selbst begründen ihre Ansprüche auf das ehemalige Stammesgebiet mit dem Gewohnheitsrecht, auch wenn keine schriftlichen Dokumente, die ihre Ansprüche nun offiziell belegen sollen, vorliegen – denn sie hatten dies Land über Generationen hinweg kultiviert.

 

Nach Aufhebung der Militärverwaltung 1966 versprach das israelische Landwirt­schaftsministerium eine Klärung der Landrechte. Bis heute aber ist es den Bedui­nen vor allem aus Mangel an Eintragungen in das Grundbuch [während der osmanischen und britischen Vorherrschaft hätte dies Steuerzahlungen bedeutet] kaum gelungen, ihre Ansprüche geltend zu machen. Insbesondere diejenigen, welche auf Ersatz für das verlorene Land bestehen, sind chancenlos, während Beduinen, die sich mit einer finanziellen Entschädigung begnügen, einen weniger schwieri­gen Stand haben. (Biasio 1998: 24).

 

Die landlosen Beduinen müssen nun magere Weiden, die aufgrund der schlech­ten Bodenqualität und geringem Wasservorkommen weder für die Subsistenzwirtschaft noch für die Viehzucht  geeignet sind, für jede Vegetationsperiode vom Staat erneut pachten. Die Verträge für die Kibbutzim und Moschavim (jüdische Siedlungsgemeinschaft), die ebenfalls Land auf qualitativ hochwertigerem Land pachten können, laufen für einen Zeitraum von 49 Jahren mit der Option einer Verlängerung. Jüdische Siedlungen haben ein Anrecht auf die Bewässerung ihrer Felder, was den Beduinen, mit wenigen Ausnahmen, verweigert wird. Jedem Reisenden fällt der unglaubliche Unterschied zwischen sattem, saftigem Grün und niederem, verdorrtem Gestrüpp auf den Feldern unweigerlich ins Auge.

 

Wenn die Beduinen ihr Vieh außerhalb des Negev weiden lassen möchten, müssen sie Erlaubnisscheine bei verschiedenen Behörden beantragen. Für ältere Männer, die meist Analphabeten sind, eine kaum lösbare Prozedur.

 

„Um die Beduinen aus den Bergen des Negev zu vertreiben, verbot ihnen die Regierung das Halten von Schafen. Die „Green Patrol“, die „Grüne Streife“ (gegründet 1976) beschlagnahmte die Herden - bis zum Jahr 1994  ca. 100.000 Tiere - und verkaufte sie zu einem Drittel des Preises an Fleischhändler in den besetzten Gebieten, mit der Bedingung, dass sie umgehend geschlachtet werden. Danach wurde der Besitzer der Herde angeklagt und vom Gericht zu einer Geldstrafe verurteilt. Zusätzlich musste er die Transportkosten bezahlen.“ (Watzal 1994: 304)

 

Heute zählt die Bevölkerung der Beduinen im Negev ca. 120 - 140.000 Personen [genaue Zahlenangaben variieren von Quelle zu Quelle], von denen die eine Hälfte in 7 Planstädten  (Tel Sheva, Rahat, Arara, Kseifa, Segev Shalom, Hura und Laqyia) lebt und die andere Hälfte  trotz schwieriger Lebensbedingungen in den spontan errichteten, vom israelischen Staat „nicht-anerkannten“ und somit „illegalen“ Siedlungen (innerhalb und außerhalb des Gebietes des ehemaligen Reservat)  verharrt und auf seine Landrechte besteht.